Interview mit Heiko Maile zum Spice Crackers Re-Release
(28.08.2009) · Schön, dass es Euer 1995er Album „Spice Crackers“ nun endlich wieder zu kaufen gibt. Wieso war eigentlich „Spice Crackers“ mehrere Jahre vom Markt verschwunden und wie kam es zu dieser Wiederveröffentlichung?
Kurz nach der Veröffentlichung dieses Albums wurde klar, das unsere damalige Plattenfirma RCA / BMG Ariola Hamburg kein großes Interesse hatte viel Zeit und Ausdauer in diese CD zu investieren. Als der von allen Beteiligten erhoffte Erfolg ausblieb, wurde so gut wie nichts mehr für diese Veröffentlichung getan. Selbst die zweite Singleauskopplung „X-Ray“ startete unter schlechten Voraussetzungen – Innerhalb der Firma schien niemand mehr an einen Erfolg der Platte zu glauben.
Später wurde RCA in Hamburg aufgelöst, die Rechte an dem Album lagen somit bei BMG in München, später bei BMG / SONY. Als die produzierten CDs von „Spice Crackers“ aufgebraucht waren, entschied sich die Firma keine weiteren CDs herzustellen und das Album aus dem Katalog zu streichen. Eine solche Streichung bei zu wenigen Verkäufen ist übrigens bei Major Firmen üblich – leider! Firmen wie MUTE o.ä. bilden da eine wahrhaft vorbildliche Ausnahme.
Das die Platte nun endlich wieder erscheint ist zu einem sehr großen Anteil unserem Freund und Geschäftspartner Gunther Buskies zu verdanken. Mit Gunther hatten wir ja auch schon an „Rewind“ und „Archive #1“ zusammengearbeitet – außerdem war er schon immer ein großer Fan von „Spice Crackers“. Er ließ einfach nicht locker und brachte mit seinem Engagement und seinem Label „Bureau B“ den Stein ins Rollen.
· Dieses Album ist sehr experimentell und elektronisch geprägt, wie kein weiteres Euerer Alben. Ergab sich die Richtung während der Produktion oder war es so von Anfang an geplant?
Elektronik und Experimente waren schon immer wichtige Aspekte in der Studioarbeit von Camouflage. Sehr wichtig für die Anfänge der Produktion war unsere Zeit bei Dan Lacksman in Brüssel, mit dem wir unser vorangegangenes Album „Bodega Bohemia“ produziert hatten. Die intensive Beschäftigung mit Sound und Strukturen war schon bei dieser Arbeit stark ausgeprägt, aber auch die Remixe für „Supicious Love“ von Stephan Fischer haben viel zur Herangehensweise bei den späteren Aufnahmen für „Spice Crackers“ beigetragen.
Einen wirklichen Plan gab es Anfangs nicht. Fest stand nur, das wir bei diesem Album einfach mal wieder alles anders machen wollten ;-)
· „Spice Crackers“ war Euer erstes allein produziertes Album. Was waren damals die Gründe auf einen Produzenten zu verzichten?
Bei den vorherigen Produktionen hatten wir uns im Vorfeld immer nur auf wenige Songs konzentriert, davon Demos erarbeitet und diese Ideen dann mit einem Produzenten in externen Studios komplett neu aufgenommen. Die Entscheidung keinen externen Produzenten zu engagieren und die Aufnahmen in unserem eigenen Studio zu machen, ermöglichte uns mehr Zeit für die Aufnahmen und das Arbeiten an unseren Ideen zu haben.
· Hattet Ihr bei der Produktion freie Hand oder gab es seitens der Plattenfirma Vorgaben?
RCA / BMG hat das Album erst gehört als es fertig war! Es gab keinerlei Demos oder Vorabmixe. Wir hatten also absolute Freiheit, lediglich unser damaliger Manager Andreas „Bär“ Läsker bekam hin und wieder etwas zu hören. Diese Umstände waren ein wirklich traumhaftes Arbeitsumfeld, allerdings schuf diese Situation nicht gerade ein konstruktives Verhältnis zu unserer Plattenfirma, was aus heutiger Sicht sicher auch zu dem geringen Engagement von RCA bei der Veröffentlichung führte.
· Die meisten Stücke der neuen Bonus CD schlummerten bis jetzt in Eueren Archiven. Sollten einige davon ursprünglich mit auf Spice Crackers, oder gab es für diese damals andere Pläne?
Die Summe der Aufnahmen hatte natürlich sehr viel mit der Herangehensweise, der Durchführung und der Produktionszeit zu tun. Die intensive Arbeit an „Spice Crackers“ dauerte mehr als ein Jahr, die ganzen Demos im Vorfeld nicht mit eingerechnet. Wenn die Laufzeit der CD nicht begrenzt gewesen wäre, hätten wir sicher noch einiges mehr auf die Veröffentlichung gepackt. Andererseits sind viele dieser „Tracks“– ich vermeide hier ausdrücklich das Wort Songs – für das eigentliche Album zu experimentell, oder nur schwierig mit den „normalen“Kompositionen zu einem ausgewogenen Album zu kombinieren. Die jetzt enthaltende Bonus CD ermöglichte uns einige dieser Ideen doch noch zu veröffentlichen.
· Zuletzt noch eine Frage zum Front Cover des Albums. Was für einen Hintergrund gibt es zu den zwei darauf dargestellten Personen?
Für die Covergestaltung konnten wir unseren Freund Michel Moers gewinnen. Zu seinen Tätigkeiten als Künstler und Fotograf ist er neben Dan Lacksman und Marc Moulin auch Mitglied der belgischen Elektro Band „Telex“. Ausserdem ist er auf unserem „Methods Of Silence“ Album zu hören – bei dem Song „Le Rues“, dessen französischen Text er auch schrieb.
Während der Sessions für „Bodega Bohemia“ besuchten Marcus und ich eine Ausstellung von Ihm in Brüssel in dem er Bilder ausstellte die in einer ähnlichen Technik wie das Cover von „Spice Crackers“ hergestellt waren. Die Bilder sind keine Fotomontagen, keine Software wurde hierfür benutzt. Das ganze ist mit Hilfe von Schablonen, räumliche Aufteilungen und gewollten Unschärfen fotografiert. Die zwei Personen auf dem Frontcover sind Spielzeugfiguren wie sie für Modelleisenbahnbauten benutzt werden, eine Herangehensweise die sich durch alle Bilder des Covers, aber auch durch einige Szenen aus dem von Michel inszenierten Videoclip für „X-Ray“ zieht.
Michel hat sich bei dieser Arbeit stark durch die damaligen Aufnahmen inspirieren lassen, die prägende Stimmung sind Hinweise auf Filme, Science Fiction, Experimente und bilden den perfekten visuellen Rahmen für unsere Musik.