Voices & Images - Interview mit Heiko Maile
Wie sind Eure Erinnerungen an die Entstehung des „Voices & Images“ Cover Foto, dass eine „Prawda“ zeigt?
Heiko:
Das Foto hat Heike Hilgendorff gemacht und die Zeitungen haben wir in West-Berlin an einem Kiosk gekauft. Wir wussten, dass „Prawda“ eine russische Zeitung ist und fanden die Idee einfach gut.
Ich war mit Heike im (West) Berliner Umfeld unterwegs, in einem Wald, ich glaube in der Nähe des Wannsee. Auf einem Foto bin ich zu sehen, mit einer Zeitung auf dem Boden - da trage ich meinen Leder-Mantel aus dem „T.G.C.“ Video. Somit sind die „Prawda“ Fotos also nach dem „T.G.C.“ Video entstanden. Das Video wurde erst nach dem Charts-Erfolg in Deutschland gedreht - speziell für die USA - dort lief es an Weihnachten. Der Dreh müsste also zwischen Oktober und Anfang Dezember gewesen sein. Das Album haben wir Ende 1987 bis Anfang Januar 1988 fertig gemacht.
Wann hingegen die Portrait-Fotos der V&I Innenhülle von Heike genau gemacht worden sind, weiß ich nicht mehr.
Allerdings kann man auf dem Foto „1987 Album Fotosession HH 10“ als Hintergrund auch Zeitungen erkennen. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Portraits nach dem „Prawda“ Foto entstanden sind. Aber wer weiß es? So genau sind meine Infos auch nicht.
Alles spielte sich im Zeitraum Herbst 87 bis Anfang 88 ab.
Wie kam es überhaupt zu der Idee für das „Prawda“ Foto auf dem Cover?
Heiko:
Nach Rücksprache mit Oli kann ich nur folgendes sagen:
Wahrscheinlich ist die Ur-Idee aus der Textur des „T.G.C.“ Cover Fotos von Franz Wagner entstanden. Dort sieht man ja auch Schmutz auf dem Boden, sogar ein Blatt.
Ich glaube, dass die Auswahl für das Motiv mit der Zeitung eine Entwicklung der verschiedenen Elemente war.
Das „T.G.C.“ Cover, der Sepia-Fabton in den Fotos von Heike, der „T.G.C.“ Videodreh,
unsere grundsätzliche Überzeugung kein Band-Foto auf dem Cover zu haben,
vielleicht auch das Spiel mit unserem Namen „Camouflage“,
ein gewisser Einfluß unserer Klamotten-Vorliebe,
und sicher noch einige Vorbilder oder Anregungen durch andere Bands und Cover.
Gab es damals auch ernsthafte andere Pläne für das Album Cover Foto,
die aus bestimmten Gründen aber nicht umgesetzt wurden?
Heiko:
Nachdem wir auch schon bei „T.G.C.“ kein Foto der Band auf der Vorderseite hatten, wollten wir das hier auch nicht. Bei „T.G.C.“ gab es noch diverse Diskussionen mit ein paar Leuten von „Metronome“ … bei dem Album aber nicht!
Wir hatten aber auch immer gute Rückendeckung von Susanne Gassner. Anfangs noch Assistentin der Grafik-Abteilung bei „Metronome“, kurze Zeit später selbst als Leiterin der Abteilung.
Susanne hat mit uns auch das „Inside Out“ Cover durchgedrückt - also die matte, gröbere Seite nach außen, die eigentlich hochwertige Seite unbedruckt nach innen …
Wir hatten damals auch immer wieder mal Vinyl Cover in dieser Art in den Händen und wollten das U N B E D I N G T ! ;-)
Wie kam es zur Auswahl der Fotografin Heike Hilgendorff? War sie euch bekannt oder wurde sie von der Plattenfirma vermittelt?
Heiko:
Heike Hilgendorff wohnte und arbeitete damals in West-Berlin und
war eine Bekannte von unserer damaligen Managerin Karin Wirthmann.
Bei einem Berlin Besuch / Auftritt der Band haben wir Heike kennengelernt. Ich glaube das war ein Besuch auf der Funkausstellung 1987. Die war vom 28.08.-06.09. Da die IFA soweit ich weiß nur alle 2 Jahre stattfand, muß das in diesem Jahr gewesen sein!
Bei diesem Treffen entstanden unsere Fotos bei der Berliner York-Brücke?! So habe zumindest ich das in Erinnerung.
Ich glaube das Heike damals mit dieser Fotobearbeitung experimentierte. Schwarzweiß-Film, mit Sepia-Farbton … also Techniken die beim Entwickeln der Fotoabzüge angewendet werden …
… auf jeden Fall haben uns die Ergebnisse total gefallen, wahrscheinlich war dies auch der Auslöser für die Farbwelt von „Voices & Images“ und „Stranger’s Thoughts“.
Ich denke der Regisseur Rainer Thieding (Chopstick Films Hamburg) hat sich dann auch von der ganzen Sache für das Video zu „Stranger’s Thoughts“ beeinflussen lassen …
Wo entstanden denn die Band- und Portraitfotos für das Album?
Heiko:
Alle Portrait-fotos (inkl. der 3 Einzelportraits auf der Innenhülle) sind in meinem Jugendzimmer im Haus meiner Eltern in Sachsenheim entstanden.
Gilt auch für: „Archive#1“ CD Cover, und „From Ay To Bee“ Kassettencover, und noch einige Anlässe mehr.
Alle Außen-Fotos entstanden in der Nähe von Bietigheim-Bissingen.
Die „Wald Fotos“ - unter anderem dieses Portrait von uns Drei - beim „Oberen Wald“
Die Fotos auf dem Feld wurden soweit ich weiß in der Nähe des Spiel- und Grillplatz „Eselsmühle“ gemacht - dort entstanden auch die meisten Fotos mit Reiner Pfisterer für unsere „Voices And Images“ Demo Kassette.
Wie kam es zu der Entscheidung, das Debütalbum wie Eure erste
Demokassette zu nennen: „Voices & Images“?
Heiko: Vor unserer Demokassette „Voices & Images“ gab es sogar einen Song mit diesem Namen. Dieser hat uns zwar nie wirklich überzeugt, aber die Kassette mit dem in großen Buchstaben beschrifteten Titel lag immer gut sichtbar bei uns im Studio. Irgendwann hat sich das dann wohl festgesetzt.
Warum hat es aber kein Song von dieser Demokassette auf das Debütalbum geschafft?
Heiko:
Schwierig zu sagen. Immerhin haben es 3 Songs von unserem zweiten Demotape „From Ay To Bee“ auf das Album geschafft. Der Titeltrack, „Where has the Childhood Gone“ und „The Winner Takes Nothing“. Ein paar Monate nach dem Erscheinen dieser Kassette, entstanden Songs wie „Suddenly Went Away“ aus dem später „The Great Commandment“ werden sollte, „Helpless Helpless“ oder „That Smiling Face“.
Bis zum Beginn der Aufnahmen bei Axel Henninger hatten wir dann noch mehr Ideen zusammengetragen, die wir als Songs für unser Debüt-album passender fanden.
Im Gegensatz zu heute konnten wir damals ja kaum etwas abspeichern oder es im Studio einfach wiederherstellen. Bis auf ein paar wenige technische Ausnahmen entstanden jeder Song, jede Version jedes Mal wieder neu. Ein paar Jahre später haben wir mit „Kling Klang“ und „Mr.X“ dann doch noch 2 Songs des „Voices And Images“ Tapes neu aufgenommen.
Der Song „Fade in Memory“ von eurem ersten Demotape „Voices & Images“ wurde am 06.10.1985
im Hessischen Rundfunk (HR3) gesendet und wurde so zum Auslöser eurer späteren Musikkarriere.
Wie und wann kam es dann zum Kontakt mit der Plattenfirma „Westside“ Music“?
Heiko:
Eigentlich schade, dass wir aus „Fade in Memory“ nie mehr gemacht haben, denn eigentlich verdanken wir diesem Song und der Sendung „Sounds aus dem Synthesizer“ unseren ersten Plattenvertrag. Wann das Treffen mit „Westside“ stattgefunden hat, weiß ich nicht mehr genau - ich schätze mal Anfang 1986.
Der erste Kontakt kam über den Musiker Markus Gabler zu Stande, dessen Musik in der gleichen Sendung gespielt wurde und der schon bei „Westside“ unter Vertrag war.
Ich glaube es gab nur ein einziges Treffen bei „Westside“ in Rodgau bei dem sie uns einen Vertrag anboten. Während des Treffens waren wir eher ruhig und abwartend - was auf die andere Seite wohl cool und abwartend wirkte. Tatsächlich waren wir auf unserer Rückfahrt nach Bietigheim-Bissingen ziemlich aus dem Häuschen und konnten es nicht fassen das wir eine solche Chance bekamen.
Warum fanden die ersten „T.G.C.“ Aufnahmen mit Axel Henninger aber erst im Herbst 1986 statt?
Heiko: Den Vertrag mit „Westside“ haben wir zum 1.7.1986 unterschrieben. Danach mussten wir noch auf einen passenden Termin warten, denn Axel Henninger produzierte damals zahlreiche Projekte für „Westside“ in seinem Studio. Für Ihn und „Westside“ war es wahrscheinlich einfach nur ein Versuch mit einer weiteren neuen Band, für uns war es eine einmalige Gelegenheit endlich mal in einem professionellen Studio aufzunehmen. Wir haben uns lange und gut vorbereitet, haben aber vor dem Studiotermin noch zusammen Urlaub in Spanien gemacht. Während des Urlaubs waren die anstehenden Aufnahmen natürlich unser ständiges Gesprächsthema …
Jetzt ein paar Fragen zu dem Design der Single Cover.
Für das „T.G.C.“ Single Cover gab es mit „Metronome“
Diskussionen, um das obligatorische Bandfoto für die Cover Vorderseite.
Sollte nach den Vorstellungen von „Metronome“ das Bandfoto der Rückseite,
ursprünglich auf die Vorderseite oder war ein anderes Bandfoto vorgesehen?
Heiko:
Das Foto auf der Rückseite entstand bei unserer ersten Fotosession für „Westside“, bzw. „Metronome“. Ein paar Leute aus dem Marketing versuchten uns zu überzeugen ein Band-Foto auf die Vorderseite zu nehmen - was wir aber von Anfang an kategorisch ablehnten. Das Motiv für die Vorderseite hatten wir ja schon längst selbst festgelegt - ein Druckbogen des Siebdruck-Künstlers Franz Wagner. Wir wollten ein Foto von uns auf der Rückseite haben und „Metronome“ brauchte Material für Presse und Werbung. Als wir in die Halle des Shootings kamen, trauten wir unseren Augen nicht: Unser Label hatte einen Künstler beauftragt, der das Coverfoto von Franz Wagner als große Fotowand nachbaute. Vor dieser tollen Collage sollten wir fotografiert und gefilmt werden.
Neben den Fotos sollte auch eine Art Promo-Video entstehen, für das der Regisseur Rainer Thieding engagiert wurde und den wir bei dieser Gelegenheit das erste Mal trafen - ein Zusammentreffen das noch viele gemeinsame Aktionen nach sich zog. Absurderweise war das Foto das wir schliesslich für die Rückseite benutzten einer der allerersten Fotos der danach stundenlangen Fotosession.
Für das „Stranger’s Thoughts“ Single Cover gibt es von euch Entwürfe, bei dem die Farbe
über dem Foto ursprünglich grün sein sollte. Wie kam es dann zur Wahl der braunen Farbe?
Heiko: Das hat wahrscheinlich mit der Farbgebung des Videos für „Stranger’s Thoughts“ zu tun. Irgendwie kam eins zum anderen. Optik des Albums, die Sepia Optik der beiden Video Clips, das „Braun“ setzte sich durch.
Das „Neighbours“ Single Cover hält überraschenderweise nicht an dem
zusammenhängenden Konzept der vorangegangenen Veröffentlichungen fest.
Wie kam es zur Entscheidung für das dann gewählte (Kämpfer) Motiv?
Heiko:
Warum wir die grafische Welt verlassen haben weiß ich nicht mehr.
Die Zeichnung des Kämpfers, sowie eine weitere mit mehreren Kämpfern (Falling Fighters), hat uns von Anfang an begleitet (siehe Foto von unserem ersten Konzert).
Die beiden Vorlagen dafür kamen aus einem meiner Schulbücher - für welches Schulfach weiß ich nicht mehr. Es waren Abbildungen von Wandbemalungen aus der Steinzeit. Allerdings haben wir die Zeichnungen nicht kopiert, sondern nachgemalt.
Ich glaube das wir den Kämpfer, das archaische, passender für den Text und das Thema von „Neighbours“ fanden.
Wo entstand das Foto, welches auf dem „That Smiling Face“ Cover zu sehen ist?
Heiko: Zu der Zeit haben Oli und ich viel fotografiert und experimentiert. Das Foto auf dem Cover entstand auf dem Hoppenlaufriedhof in Stuttgart - 1626 gegründet und somit der älteste Friedhof in Stuttgart. Als die Entscheidung für eine separate US-Single fiel haben wir uns für eine meiner Fotografien entschieden, die ich von meiner damaligen Freundin machte. Inspiriert durch die Fotos von Heike Hilgendorff half mir unser ehemaliges viertes Mitglied Martin Kähling in seinem Fotolabor bei den eingefärbten Abzügen.
Abschließend eine Frage zur Single Auswahl. Die Geschichte zu „T.G.C.“ ist weitestgehend bekannt. Wie kam es aber zur Single Auswahl von „Stranger’s Thoughts“, „Neighbours“ und „That Smiling Face“? Waren das Eure Vorschläge, oder die Auswahl von „Metronome“ bzw. „Atlantic Records“?
Heiko:
Unsere Wahl für ”Stranger’s Thoughts” als zweite Single wurde in den USA nicht unterstützt und das dazu produzierte Video wegen dem angeblich ”faschistischen Look” für eine Nutzung in den USA abgelehnt. In Deutschland waren die beiden ersten Singles ”T.G.C.” und ”Stranger’s Thoughts” fast identisch mit den Album-Versionen. Nun einfach eine dritte Single zu veröffentlichen fanden wir langweilig und konnten unsere deutsche Plattenfirma ”Metronome” davon überzeugen, uns ein Budget für eine Neuaufnahme von ”Neighbours” bereitzustellen.
„Atlantic“ glaubte nicht an „Neighbours“ und wollte für die USA unbedingt „That Smiling Face“ als Single veröffentlichen. Leider wurde nur ein Video-Clip für „Neighbours“ produziert, somit musste die Promotion für die zweite US Single „That Smiling Face“ ohne Video auskommen - was sicher kein Vorteil war. Das „The Great Commandment“ Video wurde im November 1987 hauptsächlich für die USA produziert und kam in Deutschland als Werbung für die Single schon viel zu spät. Trotzdem hatte sich der Aufwand gelohnt, MTV spielte den Clip an Weihnachten 1987 rauf und runter - damit ging der Song durch die Decke. Das „That Smiling Face“ nicht an den Erfolg der ersten US-Single anknüpfen konnte, lag somit sicher auch am fehlenden Video.
Die Stimmung mit unserem amerikanischen Label war gespalten. Einerseits haben wir uns mit allen super verstanden und fühlten uns als Band bei dieser weltberühmten Firma gut aufgehoben, andererseits waren wir mit einigen Dingen überhaupt nicht einverstanden. Die meisten Remixe für „The Great Commandment“ gefielen uns nicht und waren ohne unser Wissen oder Zustimmung veröffentlicht worden.